Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung gegen Rechtsanwalt A._ wegen mehrfacher Veruntreuung, eventuell mehrfacher ungetreuer Geschäftsbesorgung und eventuell Gehilfenschaft zu Betrug oder Geldwäscherei. Bei Hausdurchsuchungen an dessen Wohnort, Anwaltskanzlei und Zweigniederlassung wurden am 23. November 2021 elektronische Daten kopiert und sichergestellt. Zudem wurde sein Mobiltelefon gespiegelt. Rechtsanwalt A. verlangte gleichentags die Siegelung aller sichergestellten Daten.
Instanzenzug
Mit Antrag vom 9. Dezember 2021 ersuchte die Staatsanwaltschaft um Entsiegelung der sichergestellten Daten. Das Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Zürich erliess am 22. März 2022 ein Teilurteil und eine Verfügung. Mit Dispositiv-Ziffer 1 des Teilurteils entschied es, das Siegel betreffend die sichergestellten Daten (Asservate-Nr. A015’601’340, A015’602’605 und A015’602’627) zu brechen. In Dispositiv-Ziffer 2 gab es die auf dem Computer von Rechtsanwalt A. sichergestellten Daten (Asservat-Nr. A015’601’340) nach dem Siegelbruch der Staatsanwaltschaft zur Durchsuchung und Verwendung im Strafverfahren frei. In Dispositiv-Ziffer 3 ordnete es betreffend der auf dem Mobiltelefon gespiegelten Daten (Asservate-Nr. A015’602’605 und A015’602’627) die Durchführung einer Triage in Bezug auf allfällige dem Anwaltsgeheimnis unterstehende Daten an. Über die Ernennung der sachverständigen Person und die Modalitäten der Triage werde mit separater Verfügung entschieden.
Weiter entschied das Zwangsmassnahmengericht mit verfahrensleitender Verfügung, für die Aufbereitung und Triage der fraglichen Daten eine sachverständige Person beizuziehen, die mit separater Verfügung ernannt und beauftragt werde (Dispositiv-Ziffer 1). Rechtsanwalt A. werde eine Frist gesetzt, „um die vom Anwaltsgeheimnis umfassten Mandatsverhältnisse anzugeben und zu belegen, wobei insbesondere die Stichworte (Namen/Bezeichnungen) „, nach welchen die fraglichen Ordner des Datenträgers zu durchsuchen seien, anzugeben seien (Dispositiv-Ziffer 2). Der Staatsanwaltschaft werde eine Frist gesetzt, um dem Zwangsmassnahmengericht mitzuteilen, ob und weshalb sie für die Untersuchung bzw. polizeiliche Ermittlungsarbeit auf eine bestimmte Aufbereitungs- und Auswertungssoftware, z.B.“Nuix“ oder „Cellebrite“, angewiesen sei (Dispositiv-Ziffer 3).
Weiterzug ans Bundesgericht
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt Rechtsanwalt A. vor Bundesgericht, das Teilurteil und die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 22. März 2022 aufzuheben und das Entsiegelungsgesuch vollumfänglich abzuweisen. Die bei den Hausdurchsuchungen sichergestellten Daten seien ihm vollständig herauszugeben. Eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Mit Verfügung vom 24. Mai 2022 hat das präsidierende Mitglied der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen. Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die Staatsanwaltschaft schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Der Beschwerdeführer hat am 16. Juni 2022 repliziert.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 1B_208/2022 vom 14. April 2023
Allgemeine Ausführungen zum Siegelungsrecht
Das Bundesgericht äussert sich allgemein im Urteil 1B_208/2022 vom 14. April 2023 zunächst wie folgt
«Nach Art. 246 StPO dürfen Schriftstücke, Ton-, Bild- und andere Aufzeichnungen, Datenträger sowie Anlagen zur Verarbeitung und Speicherung von Informationen durchsucht werden, wenn zu vermuten ist, dass sich darin Informationen befinden, die der Beschlagnahme unterliegen. Aufzeichnungen und Gegenstände, die nach Angaben der Inhaberin oder des Inhabers wegen eines Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts oder aus anderen Gründen nicht durchsucht oder beschlagnahmt werden dürfen, sind zu versiegeln und dürfen von den Strafbehörden weder eingesehen noch verwendet werden (Art. 248 Abs. 1 StPO). Stellt die Staatsanwaltschaft ein Entsiegelungsgesuch, hat das Zwangsmassnahmengericht im Entsiegelungsverfahren (auf entsprechende substanziierte Vorbringen der siegelungsberechtigten Person hin) zu prüfen, ob schutzwürdige Geheimnisinteressen oder andere gesetzliche Entsiegelungshindernisse einer Durchsuchung entgegenstehen (Art. 248 Abs. 2 bis 4 StPO; BGE 144 IV 74 E. 2.2; 141 IV 77 E. 4.1 mit Hinweisen).
Im Entsiegelungsverfahren können grundsätzlich auch Rügen gegen die den streitigen Zwangsmassnahmen zugrunde liegende Hausdurchsuchung (akzessorisch) erhoben werden (Urteile 1B_86/2021 vom 1. Oktober 2021 E. 3.1; 1B_149/2020 vom 24. Juli 2020 E. 2.2.3; je mit Hinweisen; vgl. BGE 143 IV 270 E. 6 bis 7 mit Hinweisen). Das Entsiegelungsgericht hat jedoch keine abschliessende Prüfung der Zulässigkeit aller Untersuchungshandlungen vorzunehmen. Die abschliessende Klärung der Frage, ob Beweise verwertet werden dürfen, ist vielmehr dem Sachgericht vorbehalten; nur ausnahmsweise, wenn die Rechtswidrigkeit des Beweismittels ohne Weiteres feststeht, ist hiervon abzuweichen (BGE 141 IV 289 E. 1.3 mit Hinweis; Urteil 1B_86/2021 vom 1. Oktober 2021 E. 3.1).» (E.2)
«Strafprozessuale Zwangsmassnahmen setzen voraus, dass der damit verbundene Eingriff in die Grundrechte verhältnismässig ist. Sie können nur ergriffen werden, wenn die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können und die Bedeutung der untersuchten Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt (Art. 197 Abs. 1 lit. c und lit. d StPO). Entsiegelungen und Durchsuchungen, welche in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingreifen, sind besonders zurückhaltend einzusetzen (Art. 197 Abs. 2 StPO).
Die zu entsiegelnden Objekte müssen untersuchungsrelevant sein (vgl. BGE 143 IV 462 E. 2.1; 141 IV 77 E. 4.3; 138 IV 225 E. 7.1; je mit Hinweisen). Die Rechtsprechung stellt insoweit keine hohen Anforderungen. Es genügt, wenn die Staatsanwaltschaft aufzeigt, dass sich unter den versiegelten Unterlagen und Daten mutmasslich solche befinden, die für das Strafverfahren relevant sind. Indessen sind auch die Entsiegelung und die Durchsuchung von Aufzeichnungen, die grundsätzlich für die Strafuntersuchung von Bedeutung sind, in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht einzuschränken, soweit ein Teil der gesiegelten Daten offensichtlich nicht untersuchungsrelevant ist (Urteile 1B_313/2022, 1B_314/2022, 1B_330/2022 vom 2. Februar 2023 E. 3.2; 1B_273/2022 vom 22. November 2022 E. 5.2; je mit Hinweisen). Macht deren Inhaberin oder Inhaber fehlende Beweisrelevanz geltend, hat sie oder er zu substanziieren, inwiefern die fraglichen Aufzeichnungen und Gegenstände zur Aufklärung der untersuchten Straftat offensichtlich untauglich sind (Urteil 1B_313/2022, 1B_314/2022, 1B_330/2022 vom 2. Februar 2023 E. 3.2 mit Hinweisen; vgl. BGE 142 IV 207 E. 7.1.5).
Sind die in Frage stehenden Aufzeichnungen untersuchungsrelevant, so steht die theoretische Möglichkeit, dass die Staatsanwaltschaft die betreffenden Informationen auch auf andere Weise erlangen könnte, der Entsiegelung nicht entgegen (Urteile 1B_656/2021 vom 4. August 2022 E. 11.2; 1B_547/2020 vom 3. Februar 2021 E. 3.2 mit Hinweis). Im Rahmen der Beurteilung der Verhältnismässigkeit der Entsiegelung ist auch der Schwere der untersuchten Delikte Rechnung zu tragen (vgl. Art. 197 Abs. 1 lit. d StPO; Urteil 1B_553/2021 vom 14. Januar 2022 E. 5.1 mit Hinweis).» (E.4.1)
«Gemäss Art. 248 Abs. 1 StPO stehen der Entsiegelung die Beschlagnahmeverbote nach Art. 264 Abs. 1 StPO entgegen. Nicht beschlagnahmt, entsiegelt und durchsucht werden dürfen Gegenstände und Unterlagen aus dem Verkehr der beschuldigten Person mit ihrer Verteidigung, ungeachtet des Ortes, wo sie sich befinden, und des Zeitpunktes, in welchem sie geschaffen worden sind (lit. a); oder mit Personen, die nach den Art. 170 bis Art. 173 StPO das Zeugnis verweigern können und im gleichen Zusammenhang nicht selber beschuldigt sind (lit. c und Abs. 3 i.V.m. Art. 248 Abs. 1 StPO). Dies gilt namentlich für anwaltliche Korrespondenz (Art. 171 Abs. 1 StPO). Weiter dürfen auch Gegenstände und Unterlagen aus dem Verkehr einer anderen Person mit ihrer Anwältin oder ihrem Anwalt, sofern die Anwältin oder der Anwalt nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 2000 zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist und im gleichen Sachzusammenhang nicht selber beschuldigt ist, nicht beschlagnahmt, entsiegelt und durchsucht werden (lit. d).» (E.5.1)
Zum Anwalt als Beschuldigten und dem Anwaltsgeheimnis
Im vorliegenden Fall ist der Beschuldigte Anwalt von Beruf, was er wie folgt vorbringt vor Bundesgericht:
«Nach dem Beschwerdeführer kann nicht ausgeschlossen werden, dass (nebst den von seinem Mobiltelefon stammenden Daten) auch die auf seinem Computer sichergestellten Daten seine anwaltliche Tätigkeit für andere Mandanten betreffen. Er bringt hierzu vor, es sei geradezu offenkundig, dass er als Rechtsanwalt (auch) auf seinem Computer Korrespondenzen, E-Mails und dergleichen mit unzähligen Klienten abgespeichert habe. Solche Daten unterlägen einem absoluten Beschlagnahmeverbot und seien vom Zwangsmassnahmengericht zwingend auszusondern.» (E.5.2)
Dazu erklärt das Bundesgericht im Urteil 1B_208/2022 vom 14. April 2023 Folgendes:
«Vorliegend ist der Beschwerdeführer selbst beschuldigt und kann sich deshalb nur insoweit auf das Anwaltsgeheimnis berufen, als die zu entsiegelnden Daten keinen Sachzusammenhang zu der gegen ihn laufenden Untersuchung aufweisen. Dass sich solche Daten unter den zu entsiegelnden Computerdaten befinden, vermag der Beschwerdeführer nicht hinreichend substanziiert darzutun und ist auch sonst nicht ersichtlich. In seiner Beschwerdeschrift bringt der Beschwerdeführer vielmehr selbst vor, dass die Strafbehörden die Computerdaten mithilfe einer Stichwort- bzw. Schlüsselwortsuche gefiltert haben, um sicherzustellen, dass nur die untersuchungsrelevanten Daten beschlagnahmt würden. Darüber hinaus setzt sich der Beschwerdeführer auch nicht mit der Feststellung der Vorinstanz – wonach er im kantonalen Verfahren in Bezug auf die von seinem Computer stammenden Daten gar keine Geheimnisinteressen geltend gemacht habe – auseinander und kommt insofern seiner Begründungsobliegenheit nicht nach (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Somit ist nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz mit der Entsiegelung der Computerdaten schützenswerte Geheimnisinteressen verletzt haben soll. Damit kann auch offen bleiben, ob die entsprechenden Vorbringen des Beschwerdeführers nach Art. 99 Abs. 1 BGG, wonach neue Tatsachen und Beweismittel vor Bundesgericht nur soweit vorgebracht werden dürfen, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt, überhaupt zulässig wären.» (E.5.3)