Anspruch auf Konfrontation mit Belastungszeugen

Im Urteil 6B_1110/2023 vom 23. Mai 2024 aus dem Kanton Basel-Landschaft befasste sich das Bundesgericht u.a. mit der Verwertbarkeit von Beweisen und dem Konfrontationsrecht des Beschuldigten. Es äussert sich u.a. wie folgt: «Die beschuldigte Person hat gemäss Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK ein Recht darauf, dem Belastungszeugen Fragen zu stellen. Dieser Anspruch ist ein besonderer Aspekt des Rechts auf ein faires Verfahren gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK. […] Eine belastende Zeugenaussage ist grundsätzlich nur verwertbar, wenn die beschuldigte Person wenigstens einmal während des Verfahrens angemessene und hinreichende Gelegenheit hatte, das Zeugnis in Zweifel zu ziehen und Fragen an den Belastungszeugen zu stellen […]. Damit die Verteidigungsrechte gewahrt sind, ist erforderlich, dass die Gelegenheit der Befragung angemessen und ausreichend ist und die Befragung tatsächlich wirksam ausgeübt werden kann. Die beschuldigte Person muss namentlich in der Lage sein, die Glaubhaftigkeit einer Aussage zu prüfen und den Beweiswert in kontradiktorischer Weise auf die Probe und in Frage zu stellen […]. Dies setzt in aller Regel voraus, dass sich die einvernommene Person in Anwesenheit der beschuldigten Person (nochmals) zur Sache äussert. Ob bei widersprüchlichen Aussagen oder späteren Erinnerungslücken auf die ersten, in Abwesenheit der beschuldigten Person erfolgten Aussagen abgestellt werden kann, ist keine Frage der Verwertbarkeit, sondern betrifft die Beweiswürdigung. […]. Auf das Konfrontationsrecht kann vorgängig oder auch im Nachhinein ausdrücklich oder stillschweigend verzichtet werden, wobei der Verzicht des Beschuldigten auch von seinem Verteidiger ausgehen kann. Die beschuldigte Person kann den Behörden grundsätzlich nicht vorwerfen, gewisse Zeugen zwecks Konfrontation nicht vorgeladen zu haben, wenn er es unterlässt, rechtzeitig (d.h. spätestens im Berufungsverfahren) und formgerecht entsprechende Anträge zu stellen (Urteile 7B_253/2022 vom 8. Februar 2024 E. 2.3.5; 6B_70/2023 vom 31. Juli 2023 E. 2.6; 6B_1265/2021 vom 29. Dezember 2022 E. 2.2.2; 6B_1395/2021 vom 9. Dezember 2022 E. 11.2.4; 6B_315/2020 vom 18. Mai 2022 E. 3.4; 6B_1208/2020 vom 26. November 2021 E. 6.1.2; je mit Hinweisen).» (E.3.3.5).

Sachverhalt und Instanzenzug

Das Strafgericht Basel-Landschaft verurteilte A. am 8. Juni 1998 wegen versuchter vorsätzlicher Tötung, mehrfacher Gefährdung des Lebens, Sachbeschädigung, Drohung, mehrfachen Betäubungsmittelkonsums und mehrfacher Zuwiderhandlung gegen das Waffengesetz zu 3 ½ Jahren Gefängnis. Das Urteil erwuchs in Rechtskraft.

Das Kantonsgericht Basel-Landschaft verurteilte ihn zweitinstanzlich am 2. März 2005 wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und versuchter schwerer Körperverletzung zu 8 Jahren Zuchthaus und wies ihn unter Aufschub des Strafvollzugs nach aArt. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in eine Heil- oder Pflegeanstalt ein (Urteil 1P.400/2005 vom 19. Oktober 2005). Das Kantonsgericht ordnete am 9. Februar 2010 die Weiterführung der stationären Massnahme an, nachdem die Sicherheitsdirektion Basel-Landschaft diese am 18. Juni 2008 aufgehoben hatte, und verlängerte sie am 14. Juni 2016 bis zum 31. Dezember 2016.

Die Sicherheitsdirektion entliess A. am 23. Dezember 2016 mit einer dreijährigen Probezeit und Auflagen. Am 3. April 2017 erteilte sie der Polizei Basel-Landschaft den Befehl zur Vorführung von A. zwecks Prüfung der Anordnung von Sicherheitshaft. Dieser konnte am 6. April 2017 im Kanton Basel-Stadt angehalten werden (vgl. lit. B.a). Gleichentags stellte die Sicherheitsdirektion beim Strafgericht Basel-Landschaft den Antrag auf Rückversetzung von A. in den stationären Massnahmenvollzug.

Am 25. Januar 2018 hob die Sicherheitsdirektion die Massnahme aufgrund der Erkenntnisse aus einem neuen Gutachten mangels Erfolgsaussichten auf und beantragte am 8. Februar 2018 beim Strafgericht Basel-Landschaft, A. gestützt auf Art. 62c Abs. 4 i.V.m. Art. 64 StGB zu verwahren, ihn zu verhaften und beim Zwangsmassnahmengericht Sicherheitshaft zu beantragen.

Das Strafgericht eröffnete am 9. Februar 2018 das Nachverfahren und stellte am 20. April 2018 das Verfahren auf Rückversetzung infolge Aufhebung der Massnahme ein. Das Zwangsmassnahmengericht wies die beantragte Sicherheitshaft ab. Das Kantonsgericht hiess am 11. September 2018 eine Beschwerde gut. Die dagegen geführte Beschwerde von A. wies das Bundesgericht mit Urteil 1B_486/2018 vom 22. November 2018 ab, soweit es darauf eintrat.

Das Strafgericht Basel-Landschaft ordnete am 22. Mai 2019 in Anwendung von Art. 62c Abs. 4 i.V.m. Art. 64 Abs. 1 lit. b StGB die Verwahrung von A. an. Das Kantonsgericht Basel-Landschaft wies am 30. Juni 2020 die Beschwerde von A. gegen die Anordnung der Verwahrung ab. Die hiergegen von A. geführte Beschwerde in Strafsachen wies das Bundesgericht am 28. Juni 2021 ab, soweit es darauf eintrat (Verfahren 6B_1427/2020).

Beim Versuch, A. polizeilich vorzuführen (vgl. lit. A.c), stellte die Kantonspolizei Basel-Landschaft am 5. April 2017 eine Selbstladepistole, ein dazugehöriges gefülltes Patronenmagazin und diverse Munition für andere Schusswaffen sicher. Bei seiner späteren Anhaltung am 6. April 2017 in Basel-Stadt trug er 49.4 Gramm Kokain (Reinheitsgrad 83 %) bei sich. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt eröffnete deswegen ein Strafverfahren und übernahm das Strafverfahren von der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz.

Am 29. Juni 2023 verurteilte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt A. in Bestätigung des Urteils des Strafgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 18. November 2021 wegen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz und mehrfachen Vergehens gegen das Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten sowie auferlegte ihm die Verfahrenskosten.

Das Appellationsgericht erachtet als erstellt, dass A. bei seiner Anhaltung am 6. April 2017 49.4 Gramm Kokain besass. Ferner erwarb und besass er im Zeitraum von Ende Dezember 2016 bis zum 5. April 2017 unberechtigterweise eine Pistole und Munition.

Weiterzug ans Bundesgericht

Der A. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das appellationsgerichtliche Urteil sei aufzuheben resp. insofern abzuändern, als die Strafverfahren wegen Verdachts des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie Verdachts des mehrfachen Vergehens gegen das Waffengesetz einzustellen seien, eventualiter sei das appellationsgerichtliche Urteil insofern abzuändern, als er vom Vorwurf des mehrfachen Vergehens gegen das Waffengesetz freizusprechen sei. Gleichzeitig sei die mittels Beschluss des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 30. Juni 2020 angeordnete (nachträgliche) Verwahrung aufzuheben. Subeventualiter sei das Urteil des Appellationsgerichts aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an dieses zurückzuweisen. Ferner ersucht A. um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.

Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 6B_1110/2023 vom 23. Mai 2024  

Auf verschiedene Rügen des Beschwerdeführers wird hier nicht eingegangen. Wir schauen uns nur die nachfolgend dargestellte Rüge an.

Der Beschwerdeführer rügt u.a. (eventualiter), der Schuldspruch wegen mehrfachen Vergehens gegen das Waffengesetz basiere auf belastenden Beweisgrundlagen, die einem absoluten Verwertungsverbot unterlägen, da die Polizei seine Wohnung im Sinne einer „fishing expedition“ widerrechtlich durchsucht und dabei die Waffe inkl. Munition gefunden habe. Ferner verletze seine Verurteilung sein Konfrontationsrecht i.S.v. Art. 6 Ziff. 1 und 3 lit. d EMRK, da er dieses inhaltlich nicht rechtsgenüglich habe wahrnehmen können, weil die vor der Vorinstanz einvernommenen Zeugen keine Erinnerung mehr an den massgebenden Sachverhalt gehabt hätten und deshalb auch keine Angaben zu der umstrittenen Durchsuchung seiner Wohnung hätten machen können (E.3.1).

Das Bundesgericht äussert sich im Urteil 6B_1110/2023 vom 23. Mai 2024 generell-abstrakt zunächst wie folgt:

«Gemäss Art. 141 Abs. 1 StPO sind Beweise, die in Verletzung von Art. 140 StPO erhoben wurden, in keinem Fall verwertbar. Dasselbe gilt, wenn die StPO einen Beweis als unverwertbar bezeichnet. Nach Art. 141 Abs. 2 StPO dürfen Beweise, die Strafbehörden in strafbarer Weise oder unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften erhoben haben, nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich. Die Bestimmung beinhaltet eine Interessenabwägung. Je schwerer die zu beurteilende Straftat ist, umso eher überwiegt das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung das private Interesse der beschuldigten Person daran, dass der fragliche Beweis unverwertet bleibt (BGE 149 IV 352 E. 1.3.3; 147 IV 9 E. 1.4.2; 146 I 11 E. 4.2; 131 I 272 E. 4.1.2; je mit Hinweisen). Beweise, bei deren Erhebung Ordnungsvorschriften verletzt worden sind, sind gemäss Art. 141 Abs. 3 StPO verwertbar. Ermöglichte ein Beweis, der nach Absatz 2 nicht verwertet werden darf, die Erhebung eines weiteren Beweises, so ist dieser nicht verwertbar, wenn er ohne die vorhergehende Beweiserhebung nicht möglich gewesen wäre (Art. 141 Abs. 4 StPO in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung).» (E.3.3.1).

«Verfahrenshandlungen der Strafbehörden, die dazu dienen, Beweise zu sichern, und mit denen in die Grundrechte der Betroffenen eingegriffen wird, sind als strafprozessuale Zwangsmassnahmen zu qualifizieren (Art. 196 lit. a StPO). Gemäss Art. 197 Abs. 1 StPO können Zwangsmassnahmen (Art. 196-298 StPO) nur ergriffen werden, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind, ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können und die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt. Hinweise auf eine strafbare Handlung müssen erheblich und konkreter Natur sein, um einen hinreichenden Tatverdacht begründen zu können (BGE 149 IV 369 E. 1.3.1; 141 IV 87 E. 1.3.1; 137 IV 122 E. 3.2; je mit Hinweisen).» (E.3.3.2).

«Eine Person kann aus den in Art. 207 Abs. 1 StPO genannten Gründen polizeilich vorgeführt werden. Die Vorführung wird gemäss Art. 208 Abs. 1 StPO in einem schriftlichen Befehl angeordnet. In dringenden Fällen kann sie mündlich angeordnet werden; sie ist aber nachträglich schriftlich zu bestätigen. Der Befehl enthält die gleichen Angaben wie eine Vorladung und zudem die ausdrückliche Ermächtigung der Polizei, zum Vollzug wenn nötig Gewalt anzuwenden sowie Häuser, Wohnungen und andere nicht allgemein zugängliche Räume zu betreten (Art. 208 Abs. 2 StPO). Müssen zur Anhaltung oder Festnahme einer Person Häuser, Wohnungen oder andere nicht allgemein zugängliche Räume betreten werden, so sind gemäss Art. 213 Abs. 1 StPO die Bestimmungen über die Hausdurchsuchung zu beachten.» (E.3.3.3).

«Zufällig entdeckte Spuren und Gegenstände, die mit der abzuklärenden Straftat nicht in Zusammenhang stehen, aber auf eine andere Straftat hinweisen, werden gemäss Art. 243 Abs. 1 StPO sichergestellt. Unter Zufallsfunden nach Art. 243 StPO versteht man die bei der Durchführung von Zwangsmassnahmen allgemein und bei Durchsuchungen und Untersuchungen im Besonderen zufällig entdeckten Beweismittel, Spuren, Gegenstände oder Vermögenswerte, die mit der abzuklärenden Straftat in keinem direkten Zusammenhang stehen und den ursprünglichen Verdacht weder erhärten noch widerlegen, aber auf eine weitere Straftat hinweisen. Zufallsfunde können ohne Einschränkungen Anlass zur Eröffnung eines neuen Strafverfahrens geben und in diesem als Beweismittel verwendet werden, soweit die ursprüngliche Massnahme rechtmässig war (BGE 149 IV 369 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Abzugrenzen sind Zufallsfunde von unzulässigen Beweisausforschungen, sogenannten „fishing expeditions“. Eine solche besteht, wenn einer Zwangsmassnahme kein genügender Tatverdacht zugrunde liegt, sondern aufs Geratewohl bzw. planlos Beweisaufnahmen getätigt werden. Aus Beweisausforschungen resultierende Ergebnisse sind grundsätzlich nicht verwertbar (BGE 149 IV 369 E. 1.3.1; 139 IV 128 E. 2.1; 137 I 218 E. 2.3.2).» (E.3.3.4).

Zum Konfrontationsrecht äussert sich das Bundesgericht im Urteil 6B_1110/2023 vom 23. Mai 2024 weiter wie folgt:

«Die beschuldigte Person hat gemäss Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK ein Recht darauf, dem Belastungszeugen Fragen zu stellen. Dieser Anspruch ist ein besonderer Aspekt des Rechts auf ein faires Verfahren gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Er wird als Konkretisierung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) auch durch Art. 32 Abs. 2 BV geschützt (BGE 148 I 295 E. 2.1; 131 I 476 E. 2.2; 129 I 151 E. 3.1 mit Hinweisen). Eine belastende Zeugenaussage ist grundsätzlich nur verwertbar, wenn die beschuldigte Person wenigstens einmal während des Verfahrens angemessene und hinreichende Gelegenheit hatte, das Zeugnis in Zweifel zu ziehen und Fragen an den Belastungszeugen zu stellen (vgl. BGE 148 I 295 E. 2.1; 133 I 33 E. 3.1; 131 I 476 E. 2.2; 129 I 151 E. 3.1; je mit Hinweisen). Damit die Verteidigungsrechte gewahrt sind, ist erforderlich, dass die Gelegenheit der Befragung angemessen und ausreichend ist und die Befragung tatsächlich wirksam ausgeübt werden kann. Die beschuldigte Person muss namentlich in der Lage sein, die Glaubhaftigkeit einer Aussage zu prüfen und den Beweiswert in kontradiktorischer Weise auf die Probe und in Frage zu stellen (BGE 131 I 476 E. 2.2; 129 I 151 E. 4.2 mit Hinweisen). Dies setzt in aller Regel voraus, dass sich die einvernommene Person in Anwesenheit der beschuldigten Person (nochmals) zur Sache äussert. Ob bei widersprüchlichen Aussagen oder späteren Erinnerungslücken auf die ersten, in Abwesenheit der beschuldigten Person erfolgten Aussagen abgestellt werden kann, ist keine Frage der Verwertbarkeit, sondern betrifft die Beweiswürdigung. Beschränkt sich die Wiederholung der Einvernahme aber im Wesentlichen auf eine formale Bestätigung der früheren Aussagen, wird es der beschuldigten Person verunmöglicht, ihre Verteidigungsrechte wirksam wahrzunehmen (zum Ganzen Urteil 6B_426/2023 vom 16. August 2023 E. 2.1.2 mit zahlreichen Hinweisen).  Auf das Konfrontationsrecht kann vorgängig oder auch im Nachhinein ausdrücklich oder stillschweigend verzichtet werden, wobei der Verzicht des Beschuldigten auch von seinem Verteidiger ausgehen kann. Die beschuldigte Person kann den Behörden grundsätzlich nicht vorwerfen, gewisse Zeugen zwecks Konfrontation nicht vorgeladen zu haben, wenn er es unterlässt, rechtzeitig (d.h. spätestens im Berufungsverfahren) und formgerecht entsprechende Anträge zu stellen (Urteile 7B_253/2022 vom 8. Februar 2024 E. 2.3.5; 6B_70/2023 vom 31. Juli 2023 E. 2.6; 6B_1265/2021 vom 29. Dezember 2022 E. 2.2.2; 6B_1395/2021 vom 9. Dezember 2022 E. 11.2.4; 6B_315/2020 vom 18. Mai 2022 E. 3.4; 6B_1208/2020 vom 26. November 2021 E. 6.1.2; je mit Hinweisen).» (E.3.3.5).

Zum konkreten Sachverhalt äussert sich das Bundesgericht im Urteil 6B_1110/2023 vom 23. Mai 2024 wie folgt:

«Wie dargelegt, bestreitet der Beschwerdeführer die im Polizeibericht von B. und in der Aktennotiz von C. gemachten Angaben zum Waffenfund und stellt sich auf den Standpunkt, die Polizisten hätten den Safe (unzulässigerweise) mit dem sich in der Küche befindenden Schlüssel geöffnet. Damit sind die beiden Polizeiberichte für die Beurteilung der Frage der Verwertbarkeit des Waffenfunds ebenso entscheidwesentlich wie umstritten. Vorinstanz und Beschwerdeführer weisen zutreffend darauf hin, dass die beiden Polizeiberichte daher nur verwertet werden können, wenn der Beschwerdeführer mit den Verfassern der Berichte konfrontiert wurde (vgl. Urteil S. 21; Beschwerde S. 13; Urteil 6B_1057/2013 vom 19. Mai 2014 E. 2). Die Vorinstanz hat die beiden (früheren) Polizisten auf Antrag des Beschwerdeführers anlässlich der Berufungsverhandlung befragt. Damit hat sie dem Konfrontationsrecht in formeller Hinsicht Rechnung getragen. Fraglich erscheint, ob das Konfrontationsrecht auch in materieller Hinsicht gewahrt ist. Wie vor Bundesgericht machte der Beschwerdeführer bereits vor der Vorinstanz geltend, er habe das Konfrontationsrecht inhaltlich nicht rechtsgenüglich wahrnehmen können, da die beiden Zeugen nach mehr als sechs Jahren keine Erinnerung mehr an den massgebenden Sachverhalt gehabt hätten (vgl. Urteil S. 21). Die Vorinstanz wirft dem Beschwerdeführer vor, er verhalte sich treuwidrig, indem er den Beweisantrag erst viereinhalb Jahre nach dem Vorfall gestellt habe und nun geltend mache, dass er sein Konfrontationsrecht nicht mehr ausüben könne (Urteil S. 21). Welche Folgen diese Feststellung für das Verfahren hat, ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil nicht. Anders als dies die Vorinstanz anzunehmen scheint, führt der Umstand, dass der Beschwerdeführer den Antrag auf Befragung der beiden (früheren) Polizisten erst anlässlich der erstinstanzlichen Verhandlung und damit viereinhalb Jahre nach dem Vorfall stellte, nicht dazu, dass er sich in materieller Hinsicht nicht auf sein Konfrontationsrecht berufen kann. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist der Antrag auf Befragung der fraglichen Zeugen spätestens vor Abschluss des Beweisverfahrens des Berufungsverfahrens (ausser dieses habe nur Übertretungen zum Gegenstand, Art. 398 Abs. 4 StPO) zu stellen; andernfalls ist vom Verzicht auf Ausübung des Konfrontationsrechts auszugehen (Urteile 7B_259/2022 vom 8. April 2024 E. 2; 7B_253/2022 vom 8. Februar 2024 E. 2.3.5; siehe auch E. 3.3.5). Vorliegend hat der Beschwerdeführer den Antrag auf Befragung der Zeugen anlässlich des erstinstanzlichen Verfahrens gestellt und damit seinen Konfrontationsanspruch nicht verwirkt, wovon auch die Vorinstanz zutreffend ausgeht, zumal sie den Antrag des Beschwerdeführers gutgeheissen und die Zeugen an der Berufungsverhandlung einvernommen hat. Indem sie dem Beschwerdeführer nun vorwirft, er hätte den Beweisantrag früher stellen müssen, um sich auch in materieller Hinsicht auf sein Konfrontationsrecht berufen zu können, geht sie über die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung hinaus und auferlegt dem Beschwerdeführer faktisch das Risiko des „Vergessens“ infolge Zeitablaufs, was unzulässig ist. Der Beschwerdeführer hat sein Konfrontationsrecht rechtzeitig geltend gemacht. Angesichts des Umstands, dass er sich von Beginn an auf den Standpunkt stellte, die Polizei habe den Safe mit dem Schlüssel geöffnet, womit die Verwertbarkeit der Angaben der (früheren) Polizisten in ihren Berichten stets in Frage stand, hätten (auch) die Strafverfolgungsbehörden eine Konfrontationseinvernahme zeitnah veranlassen können. Damit verhält sich der Beschwerdeführer nicht treuwidrig, indem er sich auch in materieller Hinsicht auf sein Konfrontationsrecht beruft.» (E.3.4.4).

«Der Beschwerdeführer bringt zutreffend vor, dass vorliegend – entgegen der vorinstanzlichen Einschätzung – nicht von „Erinnerungslücken“ der Zeugen gesprochen werden kann und auch keine „erste – unkonfrontierte – Aussage“ vorliegt, auf die im Rahmen der Beweiswürdigung allenfalls abgestellt werden könnte. Die beiden Zeugen konnten sich anlässlich der Berufungsverhandlung kaum an ihren Einsatz am 5. April 2017 in der Wohnung des Beschwerdeführers erinnern und haben wiederholt auf ihre schriftlichen Berichte verwiesen. Insbesondere der Zeuge C., der die Waffe inkl. Munition gefunden hat, konnte den Fall aufgrund der ihm vorgehaltenen Fotos nicht zuordnen, weil er schon viele offene Safes gesehen habe (Urteil S. 22). Aus dem vorinstanzlichen Urteil sowie dem Protokoll der Berufungsverhandlung ergibt sich, dass die beiden Zeugen – wenn überhaupt – Angaben zum äusseren Ablauf und zum „normalen Vorgehen“ bei einem Anhaltungsauftrag machen konnten, sich jedoch nicht zu den konkreten Umständen äusserten, die zum Waffenfund geführt haben. Der Vorinstanz ist darin zuzustimmen, dass es der Beschwerdeführer und die Verteidigung unterliessen, die Zeugen mit den Einwänden des Beschwerdeführers zu konfrontieren, obwohl sie die Möglichkeit dazu hatten. Dem hält der Beschwerdeführer jedoch zu Recht entgegen, dass die Befragung der beiden Zeugen durch die Verteidigung mangels Erinnerung zwecklos gewesen wäre. Insgesamt war der Beschwerdeführer nicht in der Lage, die Glaubhaftigkeit der Angaben in den beiden Polizeiberichten zu prüfen und deren Beweiswert in kontradiktorischer Weise auf die Probe und in Frage zu stellen. Da sich die Befragungen im Wesentlichen auf eine formale Bestätigung der Angaben in den Polizeiberichten beschränkten, konnte der Beschwerdeführer seine Verteidigungsrechte nicht wirksam wahrnehmen, womit sein Konfrontationsrecht in materieller Hinsicht verletzt ist. Damit sind die Angaben im Polizeibericht von B. und in der Aktennotiz von C. zum umstrittenen Waffenfund mangels hinreichender Konfrontation nicht verwertbar. Die Vorinstanz wird in Berücksichtigung der Unverwertbarkeit der Angaben der beiden (früheren) Polizisten die Beweise neu würdigen und den Sachverhalt neu feststellen müssen. Unklar bleibt, worauf sie mit ihrem Hinweis auf das Urteil 6B_821/2021 vom 6. September 2023 (E. 1.1-1.4 publiziert in BGE 149 IV 369), wonach dieses das angefochtene Urteil zusätzlich stütze, hinaus will. Sollte sie sich auf den Standpunkt stellen, bei dem dem Beschwerdeführer vorgeworfenen mehrfachen Vergehen gegen das Waffengesetz handle es sich um schwere Straftaten im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO, würde dies nicht zutreffen.» (E.3.4.5).

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise und, hebt das Urteil auf und weist es an die Vorinstanz zurück (E.4).

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